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09.08.2012 Der Nord-Berliner Online Version Print Version als PDF

Schulschließung abgewendet

Peter-Witte-Schule: Befürchtungen wegen Brandsicherheit gegenstandslos

„Bitte, bitte, schließt nicht die Peter-Witte! Wir lassen uns nicht vertreiben, die PWS muss bleiben", ertönte ein eigens komponiertes Lied gegen die Schließung der Peter-Witte-Grundschule quer über den Rathausplatz.

Es gab vor dem Rathaus Plakate, Luftballons und laute Pfiffe für den Erhalt ihrer Schule – letztere beeindruckten auch die Ausschussmitglieder des Schul- und Bauausschusses, die zu einer Sondersitzung zur Peter-Witte-Schule im Rathaus zusammentrafen.

Die Schule sollte geschlossen werden, weil der Brandschutz nicht gewährleistet und Geld für die 6,5 Millionen Euro teure Sanierung nicht vorhanden sei. Doch das Erstgutachten, auf dessen Grundlage die Schließung der Peter-Witte-Schule durch das Bezirksamt angekündigt war, erwies sich nach Erstellung eines zweiten Gutachtens als mangelhaft. Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU) erklärt: „Wir haben uns mit diesem einen Gutachten nicht zufrieden gegeben, haben die geäußerten Bedenken ernst genommen und sehr schnell eine weitere Prüfung veranlasst. Das zweite Gutachten kommt zu einer diametral anderen brandschutztechnischen Beurteilung des Schulgebäudes", so Frank Balzer. Mit den neuen Ergebnissen konfrontiert hat der Erstgutachter seine Einschätzung teilweise zurückgezogen. Ob mit der ersten gutachterlichen Stellungnahme eventuell Schadensersatzansprüche gegenüber dem Gutachter geltend gemacht werden können, wird das Rechtsamt zu prüfen haben.

Bezirksstadtrat Martin Lambert: „Durch die neuen Erkenntnisse ist ein Teil der bauaufsichtlichen Anordnungen gegenstandslos geworden. Unberührt bleibt aber die brandschutztechnische Forderung des Einbaus von zweiten Rettungswegen. Diese Forderung konnte in der Sommerpause erfüllt werden."

Dazu die zuständige Schulstadträtin Katrin Schultze-Berndt: „Ich freue mich außerordentlich, dass die Peter-Witte-Schule als erfolgreiche gebundene Ganztagsschule mit ihren hervorragenden pädagogischen Konzepten eine gute Zukunft hat." „Wir bedauern zutiefst, dass wir zur Verunsicherung von Eltern, Lehrerinnen und Lehrern der PWS beigetragen haben. Auf Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme war aus Sorge um die Kinder und aller Betroffener aber keine Alternative gegeben. Um so mehr freut es uns, dass die Schule weiter bestehen kann", so die abschließende Feststellung.
„Dies ist ein guter Tag für die Peter-Witte-Grundschule" freut sich der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Gilbert Collé über die Nachricht, dass die Schule offen bleibt. Die kritischen Nachfragen der SPD-Fraktion zur Substanz des Gutachtens, auf dessen Basis die Entscheidung zur Schließung gefallen ist, hätten sich als richtig erwiesen.
Die Bekanntgabe, dass der Schulstandort nicht geschlossen werden muss, sei aber auch ein Erfolg der Schule. „Ohne das entschlossene Engagement der Schulleitung, Lehrer und Eltern der Schule und die Proteste, wäre das Bezirksamt wohl brav dem falschen Gutachten gefolgt und hätte die Schule geschlossen", befürchtet Gilbert Collé. Während die Schule jetzt feiern darf, sollten Frau Schultze-Berndt und Herr Lambert ihr Verhalten in der Angelegenheit sehr selbstkritisch aufarbeiten, fordert die SPD-Fraktion: „Eine ‚unabweisbare' Schließung einer Schule vorschnell zu verkünden auf Basis eines Gutachtens, das sich dann als haltlos herausstellt, ist kein Ruhmesblatt für das Bezirksamt", erklärt der Fraktionsvorsitzende.
Entsetzt zeigten sich die Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen über diese Mängel des Erstgutachtens, auf dessen Grundlage die Schließung der Peter-Witte-Schule durch das Bezirksamt angekündigt worden war. Stephan Schmidt, Fraktionsvorsitzender der CDU, fordert: „Dieser unerhörte Vorgang muss auch im Hinblick auf den Umgang mit gutachterlichen Stellungnahmen durch das Bezirksamt umfassend aufgeklärt werden. „Das bezirkliche Rechtsamt muss nun prüfen, ob der Erstgutachter möglicherweise schadensersatzpflichtig ist."

Für die Zukunft wünscht sich die SPD-Fraktion einen sorgsameren Umgang mit den Reinickendorfer Schulen. „Selbst wenn sich die Brandschutzprobleme als so schwerwiegend erwiesen hätten, wie von Baustadtrat Lambert Ende Juni dargestellt worden ist, hätten er und Frau Schultze-Berndt nach Lösungen zum Erhalt des Schulstandortes suchen müssen, anstatt ohne Diskussion in den zuständigen Gremien die Schließung eine der erfolgreichsten Reinickendorfer Schulen zu verkünden und Eltern und Lehrerkollegium damit einen Tag vor Ferienbeginn vor den Kopf zu stoßen."
Das nun vorliegende Gutachten hat die notwendigen Sanierungsmaßnahmen mit einer detaillierten Kostenschätzung aufgearbeitet. „Nach dieser Schätzung wird sich die Höhe der notwendigen Investitionen bis zum Jahr 2014 nunmehr auf etwa 2,5 Millionen Euro belaufen. Das kann und will der Bezirk stemmen," so Frank Balzer.

Die Fraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen hatten angekündigt, auf der am gestrigen Mittwoch stattgefundenen Bezirksverordnetenversammlung am 8. August neben der Situation der Peter-Witte-Schule und der Entwicklung der Reinickendorfer Grundschullandschaft auch die Überprüfung der Sicherheit der anderen Reinickendorfer Schulen und die Verlässlichkeit von Gutachten thematisieren. Der NORD-BERLINER wird in der nächsten Ausgabe darüber informieren. fle

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